Montag, 4. September 2017

Holy Spirit School und das "Hennencamp"

4.9. • In Nepal ist Sonntag der erste Wochentag, Freitag und Samstag ist Wochenende. Der Sonntag ist somit mein erster Arbeitstag. Nach dem Frühstück um 9:30 Uhr gehen Pia (Australia), Megan (Irland) und ich zur Holy Spirit School, wo Kinder zwischen 3 und 8 Jahren unterrichtet werden.
Nach der Eröffnungsceremonie, wo Sprüche und Lieder aufgesagt werden, wo Vitamine und Nahrungsmittel in kleine Liedchen gepackt und gesungen/gekreischt werden, gehen wir alle drei in die verschiedenen Klassen.
Ich werde den kleinsten zugeteilt, der Pre-school.
Pre-Primary-School ist hier sozusagen ein Kindergarten, wo aber die Kinder schon schreiben und reden lernen. Am Sonntag lernen sie das H, singen (je nach Durchsetzungsvermögen der Lehrerin) "Humpty Dumpty sad on the wall...", schreien in Folgen "H like house! H like horse! H like heaven!"
Dann wird wieder gespielt und ich bemerke, dass die Kinder nicht immer sehr lieb miteinander umgehen. Viele zwicken einander, ziehen sich gegenseitig an den Haaren oder stossen sich. Doch tragisch ist es nie - meistens kurz Tränen dann ist wieder Ablenkung da. Gehandhabt wird hier - da muss man einfach wegsehen - auch das "corporal punishement", das bedeuted dass die Kids auch mal eine fangen, wenn sie nicht artig sind oder aber auch, wenn eine ihrer Matherechnungen einfach nie stimmt!
Um 11:00 gibt es für die Kleinen und die Primary 1-Klasse Lunch und unsere Aufgabe ist, zu schauen dass sie alles aufessen. Ich merke schnell, dass sich einige Kinder gewohnt sind, nicht selbst zu essen und so kommt es dass wir die Hälfte selbst "füttern". Wenn sie den Dal Baat gegessen haben bekommen sie das beliebte Papad-Brot dazu und nachdem sich alle ihre Essensschürzen wieder abgezogen haben geht die Spielerei weiter. Ich bin manchmal etwas ratlos mit dem Nepali, denn auch wenn sie Englische Worte lernen, indem sie sie nachplappern bin ich mir nicht sicher, ob sie tatsächlich alles verstehen und auch anwenden können...?
Die Zimmer sind allesamt hübsch gestaltet - wie immer bin ich von der Bastelkunst in Schulen begeistert! Ich weiss noch, dass ich das früher auch sehr gerne gemacht habe!
Das Spielen mit den Kindern ist so lustig, dass ich mit der Zeit nicht mal mehr die Zeiz im Auge habe. Ich mag es, sie hochzuziehen und ihnen somit "höhere Sprünge" ermöglichen zu können!
Das Kichern, welches ich dafür ernte, ist irgendwie wohltuend....
Um 12:00 haben dann wir Volonteers unsere Mittagspause und so gehen wir zurück zum Camp. Eine Stunde, mehr liegt nicht drin. Nach dem Mittag findet unsere "Zero-hour" statt, wo wir eigenes Programm mit den Klassen halten. Pia und ich kümmern uns um die Primary 1 und versuchen eine Art "Speaking lesson", wir lernen ihnen als erstes Emotionen. Pia hatte auf Papieren Gesichter ausgedruckt, welche den Kindern helfen sollen, ihr Befinden zu äussern. "How are you feeling today?", machen Pia und ich vor - in der Hoffnung, dass uns die braun-schwarzäugigen "Knöpfchen" folgen können.
Sie geben sich echt Mühe, doch auch diese Klasse ist nicht die simpelste und oftmals haben wir das Gefühl, dass die Lehrerinnen lieber ihr Ding ohne uns durchziehen würden. Es ist unglaublich schwer (und das berichten auch Ozege (Türkei) und Renata (Holland), welche die Woman Empowerment machen (und Frauen Englisch unterrichten), den Nepali die Weltsprache zu lernen. Sie sind sich gewohnt, "nachzuplappern" und abzuhören. Das bedeutet, dass man ihnen zwar eine Frage, ein Ausdruck, lernen kann - doch alles was sie können und gewohnt sind ist das Nachsprechen. Es ist unglaublich schwer, ihnen das Fragewort zu zeigen, so dass sie es wieder erkennen und anwenden können (How, What, Why..?). Sie haben nie sie Wortunterscheidungen zwischen Nomen, Verb, Adjektive gemacht, somit brauchen sie dauernd den geschriebenen Satz, um ihn abzuschreiben - wenn sie selbst einen Satz bilden sollen, geraden sie an die Grenze - denn dann haben sie die Vorlage nicht! Das Verstehen, warum ein Satz genau so gebaut ist wie er dasteht, das geht bei den älteren und schon etwas gewohnteren Schülern, doch das Wiedererkennen eines Wortes und vor allem der Strukturen ist extrem schwer! Ich selbst konnte zB bei unserer kleinen Nepalistunde das Wort "mero" (=Ich, Mir) immer wieder herausfiltern. Habe es immer wieder unterschiedlich gebrauchen können - und dann heute, mit den Kindern, habe ich dadurch jeden einzelnen Satz, wo sie sagen wollten: "Ich will selber", "das ist meine Schultasche", "ich heisse..." verstehen können. Es ist das Verbinden und Wiedererkennen, was mir da gegeben ist - wenn eine Sprache aber durch Abschreiben und Nachreden gelernt wird, bleibt diese Erkenntnis - und für mich war die eigene Erkenntnis immer das hilfreichste beim Sprachen lernen - aus. Ausserdem haben sie keine Prüfungen, dh, der nötige Zwang, sich hinzusetzen und sich selbst etwas zu lernen, sodass es fest sitzt, ist nie da. Irgendwie finde ich es so schwer, zu akzeptieren, dass wir es nicht schaffen werden, ihnen auch nur eim bisschen was beizubringen, dass sie behalten können...

Um 14:00 Uhr ist für die Kinder Snack-Pause und wir helfen wiedet beim Schürzen anziehen, hinsetzen, einander in Ruhe lassen😉 und essen.
Um 15:00 verlassen die meisten der Kinder schon die Schule und somit dürfen auch wir gehen.

Am Abend gehen Sanyia und ich ins Kino. Im KL-Tower gibt es das F-Cube, ein erstaunlich grosses und ausgestattetes Kino wo wir uns Annabelle 2 ansehen. Popcorns gibt es hier in verschiedensten Geschmäckern - Sanyia sucht "Cheese" aus, welches mir in Kombination mit dem Horrorfilm solche Übelkeit verursacht dass ich mich etwas vor dem Heimweg fürchte. Trailershows gibt es hier nicht, was mir ganz komisch vorkommt, wo doch in Europa mind. 15min auf Werbung und Trailer vergeben sind.
Als Schreckhafte bleibe ich durchgehend fit, zucke zusammen, lande halb unter dem Sitz, keuche und schnappe - und Sanyia lacht über mich. 😁
Danach fahren wir zusammen auf ihrem Scooter durch die nächtlichen Strassen Kathmandus - das hinten Mitfahren geniesse ich total, wie auch schon mit Chhewang!
Ich bin sehr froh dass das Camp Computers zur Verfügung stellt - so habe ich einen besseren Überblick über Studienveranstaltungen und Vorlesungen.
Am Abend des 2. Arbeitstages laufen Megan und ich zusammen zum Boudha. Wie haben davor noch nichts speziell zusammen gemacht und auch wenn ich sie nun schon 3 Wochen kenne bin ich anfangs etwas unsicher und fremdle ein wenig. Doch nachdem wir einmal - natürlich rechts herum - um die Grosse Stupa, welche im Abendlicht immer herrlich strahlt, gelaufen sind, entdecken wir ein Himalayan Java, den quasi nepalesischen Starbucks. Wir blicken uns kurz an - ja, Kaffee. Verbundenheit😂
Drinnen ist es "like at home!"(Megan). Die Wände sind aus Bachsteinplatten und das Café hat einen eigenen Stil, es gibt echten, guten Maschinenkaffee und Flavors, nicht bloss Filterkaffee oder (Mustang, Annapurna..) Nescafé (welcher ja nicht DER Nescafé de luxe von Nestlé ist sondern ein Fake welcher echte Blähungen macht).
Wir bestellen uns Iced Coffee und ein (Megan ist heimelig und fröhlich darüber) Iced Oreo Shake. Und dann ist das Eis irgendwie auch bei uns gebrochen und ich geniesse es einfach unglaublich, mit einer mir eigentlich fremden Freundin in Kathmandu Kaffee zu trinken, bewacht von den bös blickenden (finde ich..^^) Augen Boudhas und einfach zu reden, reden, reden. Wenn man weiss, dass man sich womöglich nach Nepal nie wieder sehen wird, kann man trotzdem (oder vielleicht genau deshalb, komisch, das so zu denken!) über alles, wirklich alles reden. Ich frage sie, in Gedanken an mein nächstes Reiseziel, viel über Irland und das Leben im Winter dort aus, und irgendwie ist es einfach...schön! Nach und nach sitzen wir im gewohnten Nepali Schneidersitz, welchen man sich hier schnell aneignet, legen Schichten ab und haben es gut! Auf dem Nachhauseweg kämpfen wir uns durch den Abendverkehr, reden dabei (näselnd, da wir die Masken tragen müssen) über Vorsichtsmassnahmen, welche wir alle NICHT getroffen haben (Früchte, Eiswürfel, genug trinken, kein Alkohol in den Bergen...) und die Krankheiten, welche wir deshalb trotzdem NICHT bekommen haben... Sie zeigt mir ihre Nägel, welche trotz Mangel an Eisen und co in der Nahrunh gut wachsen und ich erzähle, wie sehr ich hier mehr Acht gebe und aufmerksam bin auf der Strasse und beim Laufen (zuhause höre ich zB viel Musik und Hörbücher wärend ich in der Stadt unterwegs bin für Besorgungen - das würde ich hier nicht machen - es gibt ZU viel, dass man durch das Gehör vermeiden und frühzeitig erkennen kann!) und dass ich ab mir selbst total erstaunt bin, wie ich mich trotz grossem Mangel an so vielem Essentiellem schneller von anschleichenden Verstimmungen und Krankheiten (wenn auch nur kleine Nahrungsproblemchen, -unverträglichkeiten..) regenerieren kann, als sei es egal, als müsse ich halt funktionieren und es somit körperlich auch mache!
Abends sitzen wir beim Abendessen zu fünft (Hennenparty🐓) noch lange zusammen, trinken teilweise Wodka, welchen Pia heimgebracht hat und reden über die Schule hier. Dann über unsere Gewohnheiten und "Laster", unsere Familien - und Megan bringt ein, zwei richtig buchreife Storys über heitere Irlandnächte.
Irgendwie mag ich Ozege, die Türkin gerne - obwohl ich sie (zu Beginn war sie ruhig und wenig "da") sehr stark mit mir verbunden habe, blüht sie nach und nach auf, redet mehr, diskutiert und ich stelle sie mir als ziemlich gute Lehrerin vor (wärend ich an mir selbst immer mehr eine kleine Unfähigkeit im Umgang mit Kindern erkenne - was nicht schlecht ist, es wird mich vielleicht einfach von einem Berufsfeld etwas wegleiten..).
Da sind wir also: Schweiz, Holland, Türkei, Irland und Australien - in Nepal zusammen arbeitend... Und wiedereinmal war es ein Moment, wo ich meine Reise nicht mit einem Abenteuer (Mama😁) vergleiche, sondern mit dem Begriff

"Verbinden". 

"Meine" 😊

Snack-Time


Nepali im Camp mit Akriti und Megan

H like House

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen