Sonntag, 6. August 2017

Kritagyataa - Dankbarsein

Wir sollten dankbar sein. Dankbar und froh über unser Land, sei es Deutschland, segs d Schwiiz, är det Sverige eller Norge...
Es ist nicht selbstverständlich, ein Land ohne Erdbebenschäden zu bewohnen, ein Land mit einem intakten Gesundheits- und Bildungssystem, alle Chancen, einen Beruf zu erlernen, Geld zu verdienen um eine Familie ernähren zu können, zu studieren (!). Es ist nicht selbstverständlich, jemanden lieben und deshalb heiraten zu dürfen, es ist nicht klar, dass Trennungen und Scheidungen möglich und legal sind.
Es ist nicht selbstverständlich, dass unsere Kinder gesund aufwachsen dürfen, gegen Kinderlähmung, Starrkrampf, Gebärmutterhalskrebs, Hepatitis oder Tollwut geimpft werden. Auch nicht, dass sie die Weisheitszähne entfernt bekommen können (niemand mag das - aber auch diese Tortur sollte Grund zur Dankbarkeit sein!), dass sie nebst einfachem Schreiben und Lesen alle Sprachen der Welt erlernen, reisen können, dass sie ab Jugendalter alleine leben können, saubere Kleidung haben... In Supermärkte einkaufen gehen, duschen und heisse Bäder zu nehmen, Wellnessweekends zu buchen, Ferien zu buchen, im Bikini sich zu sonnen, bei Krankheit gepflegt zu werden, Medikamente zu haben... Für jedes Haar, welches an der Falschen Stelle spriesst, haben wir Mittel, jede Hautunreinheit kann entfernt werden, wir können uns jedes Körperteil verlasern, operieren, verändern lassen...
Chhewang: "als ich in Deutschland arbeitete, da habe ich nur gestaunt. Ist es bei euch in der Schweiz auch üblich, dass die Absolventen nach Schulabschluss ein Jahr frei nehmen können um zu arbeiten und zu reisen? Ich kann das gar nicht glauben!! Einfach eine Arbeit finden und Geld verdienen zu können! Das ist hier undenkbar - fast alle müssen den Eltern helfen oder werden irgendwo zugeteilt zu sehr schlechten Bedingungen! Gleich mit dem Studium zu beginnen ist unmöglich, und wenn, dann nur an der Universität welche in Pokhara liegt. Doch da müssen dann viele abbrechen weil die Zeit nicht reicht. Ich habe auch gestaunt dass man einfach auswählen kann was man studieren will und dass die Kinder in der Primarschule das ganze Jahr über an die gleiche Schule gehen können! Im Mustang müssen die Kinder über den Winter nach Pokhara odet Kathmandu ziehen da sonst nirgends Schule stattfinden kann. Englisch lernen sie nur schriftlich, beim Reden endet es dann meistens und sie verlernen es schnell wieder..." (dann erzählte ich ihm von meinem Russisch-, Spanisch- und Lateinunterricht) "sogar so viele Sprachen!! Woher habt ihr denn all diese Lehrer? Der Staat muss sehr reich sein, um sie alle bezahlen zu können! Müsst ihr für die Uni bezahlen?... das ist nicht viel oder? Aber ihr bezahlt ja auch Steuern. Und ihr habt die Rente oder?... In der Schweiz also die AHV? Seit Nepal 2015 die neue Verfassung hat, wird es durch eine parlamentarische Mehrparteien-Demokratie regiert und endlich wurde die konst. Monarchie abgeschafft. Wir hoffen sehr, dass die neue Verfassung uns schneller weiterbringt als zuvor." Wie denn das jährliche Einkommen ca aussehe?
"Oh nur etwa 700$ im Jahr pro Kopf. Das ist für euch Schweizer wahrscheinlich nichts!" Ich schäme mich fast für meinen Reichtum an dieser Stelle. Ich, als Studentin, verdiene monatlich fast so viel neben meinem Studium! In Kathmandu lebt nur ein Zehntel der 30,4 Millionen Menschen Nepals. Der grösste Teil lebt also im Terai, den Tälern und nicht wenige in den hohen Gebirgsregionen - ob diese neue Verfassung auch bis dort hin spürbar wird...?
"Fast keine Chance hat man als Nepali, zu reisen oder eine Zeit lange im Ausland zu leben, geschweige denn, zu arbeiten! Man ist ihnen gegenüber viel misstrauischer, skeptischer, es werden von ihnen viel mehr Papiere, Ausweise und Genehmigungen verlangt. Als Schweizer ist es fast kindlich simpel, ein Visum zu bekommen, man füllt einige Papiere aus, legt Pass und Foto bei, schickt es ein und bekommt die Genehmigung zur Einreise ziemlich schnell (so erging es auch mir). Als Nepalese wird man schneller zurückgewiesen, oft ist das Geld für das Visum gar nicht vorhanden, es ist immer genau anzugeben, wozu man sich im Ausland aufhält (die konstante Angst vor Flüchtlingswellen aus dem Osten!). Meine Frau musste also in Nepal bleiben, wärend ich in Deutschland war, in dieser Zeit hat sie alleine unsere Tochter zur Welt gebracht...
Ich wollte sie beide nicht nach Deutschland holen, denn es wäre meiner Frau nicht wohl gewesen - ausserdem hätte sie nichts zu tun gehabt, sie hat keinen Schulabschluss"
Ob Chhewang denn jemals wieder nach Deutschland kommen wolle?
"Neee eher nicht. Meine ganze Familie ist in Nepal - zwar verstreut, aber alle hier. Ausserdem sind meine Eltern sehr krank, ich muss aufpassen. Und meine Tochter wird grösser, ich will bei ihr bleiben. Wenn ich bei "Diamir" Arbeit habe und es schaffe, meinen Master zu machen nebenbei, dann reicht das Geld! Ich kann hier nicht mehr weg - ausserdem bin ich hier glücklich."

Frisches, getrocknetes Yakfleisch! (..wovon ich eine Keule geschenkt bekam; das darf aber niemand wissen - es ist ein Geheimnis zwischen mir und dem Vater des Hauses😉)

 Suman fleissig beim Serviettenfalten ;)

Lokal home made Brandy (rakshi)

Jhong cave nördlich von Lo Manthang


Kartoffelnschälen

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Sabin sass auf dem kleinen Platz vor unserer Lodge in Chhusang und schälte Kartoffeln. Ich kam gerade von einem Spaziergang durch die Apfelbaum-Felder und die mir schon bekannten Ruinen über dem Dorf. Knausgård stets in der Hand, kletterte ich über die Mauern und die zusammengebastelten Gartenzäune - ich hatte mich etwas verlaufen gebe ich zu. Ich entschied, Sabin zur Hand zu gehen und fragte in der Küche nach einem weiteren Schäler.
Nach einer 7stündigen Abenteuerfahrt von Lo Manthang nach Chhusang war ich mit den Nerven komplett am Ende. Ein Erdrutsch, ein Steinschlag und zwei Wasserfälle verbauten uns die "Strasse", 4 mal hiess es "Carchange please!" oder "everybody out!". Einen Erdrutsch kann man im Himalaya leider nicht umgehen, man muss am Hang drüberklettern. Ich weiss nicht, ob eine langbeinige Leichte Person Vorteile hat oder ob es meine Kletterstunden in der Kletterhalle waren - oder ob mich schlussendlich jemand festgehalten hat? - auf alle Fälle kam ich lebend über Schutt, Stein und Wasser. Unter meinen Lesern befinden sich hauptsächlich meine Familie und Freunde, also überhopse ich die Details grossräumig :)
Wisst, ich liege jetzt gerade im Bett in Chhusang auf knapp 3000m und habe gerade zwei Kilo Potatoes geschält - der Boden unter mir ist vollkommen eben!
Als ich eben mit Sabin die Kartoffeln schälte, durfte ich wieder die Grosszügigkeit und Dankbarkeit der Nepalesen erfahren. Ich mache solche Sachen freiwillig, weil ich es gerne tue, weil es erst Vier Uhr ist, weil ich unseren Sabin einfach mag oder weil ich mal Pause im Kopf brauche und keinen Gedankenstress! Dafür gab es dennoch: ein Yakfell zum Sitzen, ein Streichen über den Rücken, einen Tee, zwei frisch gepflückte Birnen (so lieb gemeint, aber nicht ganz reif^^).
Ich erkenne hier drin auch etwas der Religion: 'erst alle andern, dann man selbst'.
Eine Gute Tat wird zurückgegeben, es ist alles ein Weitergeben, Gutes wird nicht gehortet.
Glück ist Energie. Lässt sich speichern, zurückhalten, entladen und -eben auch- verwandeln und übertragen.
Chhusang ist beträchtlich touristischer als der hohe Norden Nepals und ich spüre auch, wie es Dreh- und Angelpunkt ist zu Lo, Muktinath und über Kagbeni in die Pokhararegion runter. Manche Wege führen an Chhusang vorbei und leider stört dies sogar im Monsun-Sommer die sonst gewohnte Idylle des Mustangtals...

4.8. Bis morgen Abend werde ich noch alleine in dem kleinen Dorf sein. Sabin und Andreas stiegen heute früh in den "Linienbus" über Kagbeni nach Muktinath. Den Trek nach oben am Sonntag wollte Andreas nicht machen, da er dann den Anfang des Yartung Mela Festivals verpassen würde. Zum Glück haben wir andern auch noch einen Puffertag, wie man es beim Reisen nennt, um den Höhepunkt dieses Erntedankfestes am 7. miterleben zu können. (Eigentlich das "Sommerende": yar = Sommer)
Ich sitze nun also inmitten der Steinhäuschen, wovon jedes 2. einen getrockneten Ziegen- oder gar Yakkopf über dem Eingang hängen hat (gegen böse Geister - ich habe mich schon ganz an den etwas ekligen Anblick gewöhnt). Mir ist unendlich langweilig. Dass ich kein Internetzugang habe macht mich, um ganz ehrlich zu sein, langsam etwas ratlos - und da diese Tage nur kleinere Spaziergänge in Sneakers machbar sind gibt mir schon das Gefühl, viiiieeel zu viel Zeit zu haben. Gedanken sind rar, ich höre den Tag durch Harry Potter (was anderes, neueres habe ich nicht mehr, da ich auf meinem Streifgang hinter Lo wohl meinen Hörbuchgefüllten IPod "in den Sand gesetzt" habe), laufe, schlafe, dusche (warme Dusche - Buddha sei Dank!), schreibe hin und wieder Dinge nieder welche mir einfallen und denke weder vor noch zurück. Gut, doch; vor denke ich noch eher, da mir die Chhusang-Muktinath-Etappe mit über 1000Höhenmetern etwas Schiss macht (wenn alles online kommt bin ich schon oben angekommen!), doch vielleicht ist es ganz gut, dass Langeweile sein darf...
Ich bin ein bisschen der non-stop-Typ, zumindest zuhause. Wenn ich mich an eine aufdemSofachillen oder denganzenTagimBett oder -vordemFernsehen erinnern müsste, dann fällt mir so schnell keinen Moment ein. ImMustangchillen oder denganzenTaginChhusangsein ist also für mich eine kleine Challenge - oder vielleicht eine gute Übung? Nicht erledigen (was denn?), nichts arbeiten (was denn?), nicht reden (mit wem denn?) - die einzige Aufgabe: zu sich selbst gut sein, auftanken & zuhören.

Abends treffe ich alte Freunde wieder: die Amerikaner, welche gerade von der längsten Tagesetappe kommen, sitzen mit mir beim Abendessen - und während ich Thuphka und Masalatee schlürfe lausche ich ihren Diskussionen über Amerikanische Sänger, Trekking und die "possibilities". Ich mag die Mädchen sehr, beide scheinen sehr freundlich und gute Kumpels zu sein! Schade sind sie aus Amerika, schade sind sie nicht zur selben Zeit in Muktinath und schade treffe ich sie im abgelegendsten Winkel von Nepal - wo man sich nicht mal eben so zusammen ins Café setzen kann oder zusammen ins Kino...
Ich geniesse es, einfach neben dem Vater und seinen Kindern zu sitzen und die Familienatmosphäre aufzusaugen. Die Girls, wie sie ihren Vater tadeln, wie er ihnen immer wieder die "importance of protein" beim Essen predigt, wie sie ihm wiedersprechen und bisschen trotzen - und er immerzu liebevoll antwortet und sich um sie kümmert. Offenbat geht es Jess, der älteren Schwester, ebenfalls gesundheitlich nicht sehr gut, doch "dad" fühlt ihren Puls, lässt sie Coke trinken, fragt immer wieder wie sie es am Folgetag handhaben wollen mit dem Essen etc.
"You definitely should walk slower, Jess", sagt die Jüngere - und ich lächle. Langsam entwickelt sich ein Gespräch - auch über Herbert, welcher Jess ja damals etwas in den Geologie-Plänen gestochert hatte - aber vor allem auch über unsere Ticks und "habits" während dem Laufen und in den Lodges... Sich wieder ein bisschen als Mädchen fühlen und Teenie sein - das ist schön! Und er scheint ein toller Papa zu sein für die Beiden...
Wenn ich genug solche Leute treffe auf meiner Reise, dann kann ich vielleicht kurzzeitig dieses schmerzende Papa-Loch Nepals vergessen...

Am Folgetag, um der Langeweile diesmal zuvor zu kommen, steige ich kurzentschlossen mit den Amis in den Jeep. Auch sie werden den Teil nach Muktinath fahren, da Jess ernsthaft krank ist und nicht kann...
Nun hat wohl jede Gruppe, welche wir auf dem Weg getroffen haben, einen Jeepteil eingebaut und fast alle "hatten mal was"...;)
In Tangbe, dem süssen Dörfchen am Kali Gandaki, wo wir ganz zu Beginn Mittagsrast machten, steige ich aus und trinke mit Knausgård einen Masalatee - dann laufe ich zurück nach Chhusang :)

Strassenhunden ist nicht zu trauen! Die meisten sind wild - manche gesellen sich dennoch gern zu einem...;)

 Aufregende Fahrt Lo Manthang - Chhusang: Erdrutsch und Wasserfälle führen zu manchen "Car-Changes"!

 Chhusang: Abwasch vor dem Haus :)

 Lesen am Kali Gandaki Fluss...

 ...und oben auf dem Baum! :)

tibetische Nomaden Mustangs

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5:45: wir steigen zu Sechst in einen Jeep und machen uns auf, querfeldein, hoch in den Norden zu den tibet. Nomaden, welche inmitten von Yak-Herden wild leben. Nachdem wir einigen Frauen beim frühen Melken der Kühe zugesehen haben gehen wir mit ihnen, die die heisse Yak-Milch in die Jurte (viele von ihnen leben heute jedoch in einem Zelt aus Plastik) tragen und setzen uns um den Herd, wo es herrlich warm ist nach den draussen herrschenden 4330Meter-Temperaturen... Das Feuer unter der kochenden Milch und dem quarkartigen Stampf, welcher aussieht wie Ricotta (und auch so schmeckt!) wird natürlich geheizt mit dem Dung ihrer Ziegen und Yaks. Immer, wenn die Frau eine Ladung nachkippt sprüht es auf alle Seiten und der Rauch nimmt einen beissigen Geruch an. Neben mir sitzt eine alte Nomadin um die 60, welche in einem Ziegenhautbeutel den Buttertee schüttelt. Dieser muss, damit sich die Inhalte nicht gleich vom Wasser trennen, ziemlich gut vermischt werden, Andreas sagte, es habe heutzutage schon Bindemittel drin. Die Oma hat kaum Zähne mehr und so braucht sie ewig für einen der Kekse, welche wir zum Essen mitgebracht haben. Es ist üblich, dass man den Nomaden Geschenke mitbringt und zum Glück hatte Andreas von Zuhause noch einige Riegel, fruitsticks und Schokolade für sie dabei.
Im Heimweh und grossen Selbstzweifeln bin ich am Morgen aufgestanden, Kopfschmerzen, Erkältung... doch als ich neben der Nomadin am Herd sitze ist plötzlich alles in Ordnung. Es ist gut. Ich lausche dem rhythmischen Platschen aus dem Ziegenbeutel und schliesse kurz die Augen. Man kann mit SO WENIG leben. Mit einer Herde Yaks, Ziegen und einem Hund. Die Kinder, schmutzig, laufen mit Pantoffeln umher, ein Mädchen ist kurzärmlig. Die Männer tragen neuen Dung herein, wärend die Nomadin, welche nicht viel älter als ich sein kann, uns mit Buttertee bedient. Ich mag die Brühe echt nicht, ich verabscheue den salzig-fettigen Nachgeschmack, welchen sie auf den Lippen hinterlässt! Dennoch trinke ich einen grossen Schluck, denn die Nomadin steht immer noch vor mir - es ist gebräuchlich dass gleich nachgeschenkt wird sobald man getrunken hat und nicht erst wenn der Becher leer ist!
Nach dem Buttertee ist die Yakmilch heiss und auch wenn der Tee nicht getrunken wurde (er wird dann auf den Boden entsorgt) bekommen wir alle heisse, vollwertige Milch. Das mag ich!, denke ich und geniesse dieses besondere Frühstück. Auch von dem quarkähnlichen Gebilde dürfen wir testen, auch Tsampa wird gemacht und probiert. Chhewang übersetzt schon zum zweiten Mal für mich was die älteren Frauen über mich sagen: "Süss, so Jung!"

Nach ca einer Stunde kommt der letzte Mann/Sohn herein und packt sogleich seinen Rucksack. Er wird die Yaks und die Ziegen nach der Melkerei noch etwas weiter treiben und hüten, damit sie grasen können. Die Mutter/Frau (es ist unheimlich schwer, das Alter von Einheimischen zu schätzen - meistens sind sie jünger als sie aussehen!) giesst ihm in eine Trinkflasche einen milchigweissen Brei - ich kann es aber nicht erkennen (nepali speciality^^).
In den Schmuddeligen Rucksack kommt ausserdem - ich lächle - ein altes GEO-Heft.
Nach einer guten Stunde gehen wir wieder nach draussen, wo es nun, da keine Tiere mehr da sind, unheimlich still ist im Nebel. Fein nieselt es - und Andreas packt mir seine Mütze auf den Kopf.
Wir laufen durch die schmutzigen Wiesen zu einer nächsten Behausung und werden auch da gleich wieder als Gäste reingebeten. Wie zuvorkommend sie abchecken, ob die Tassen sauber sind.....
Danach bedanken und verabschieden wir uns mit aneinandergelegten Händen und geneigtem Kopf - sie kommen mit uns raus und es rührt mich, als die zwei Jüngsten Mädchen ein Foto mit mir wollen...
Mittags kamen wir wieder einmal in den Genuss vegetarischer Momos, echt ne "lässige" Speise! Ich habe, der Erkältung zuliebe, mich mit grüner Chillisauce vergnügt..;)
Nachmittags dann in der Stadt (wie komisch das klingt, da man sie doch in 15' umwandert hat!) eine spannende Klostertour mit Chhewang, welcher seinen Geburtsort so spürbar liebt: Chode (eine Gompa, heute Wohnort der Mönche und Lamas mit einer Schule, wo wir in die Klassenzimmer die jungen Mönche - ich nenne sie immer 'Minimönche' weil sie so klein sind), Jampa (das älteste Sakya-Kloster in Lo mit einer zweistöckigen Buddhastatue und wunderschönen alten Mandalas), die Thupchen Gompa (wessen alte Säulen erstmals aus dem nahen Tibet kommen und nicht mühsam durch den Mustang hochtransportiert werden mussten). Letztere war besonders eindrücklich denn dort werden momentan die alten, verrauchten und vom Beben zerschundenen Wandzeichnungen von jungen Frauen restauriert. "When the monks can use the monstery, they will protect it again".
In Chhewangs Augen Tränen in der Halle, im Anblick all der reparierenden, malenden Frauen und Mädchen...
Eine Meldung zum Juliabschluss noch: in Kathmandu werde ich Patin eines kleinen Jungen werden, der den gleichen Namen trägt wie der Dalai Lama: Tensing! ♡
Er ist der Neffe Chhewangs, als dieser hörte dass ich interessiert wäre an einer Patenschaft redete er mit seiner Schwester. Ich werde Tensing bei unserer Rückkehr nach Kathmandu treffen, zusammen mit seiner Mutter. Nachdem ich auf der Teppichbank mit Chhewang über all das redete nimmt er mich in den Arm und ist richtig dankbar!
Der Ausblick auf den kleinen Jungen lässt die Regenwolken über den Bergen des etwas traurigen Tages sich etwas lichten - ich freue mich auf ihn! 👼  
 Morgens, 6:30 Uhr: Yaks und Ziegen werden gemolken!

 Im Morgennebel auf ca 4400m: die Herden der Nomaden!

Buttertee

 Unsere mitgebrachten Kekse

Tsampa:
Geröstete und gemahlene Gerste
Etwas Zucker dazu
Butter
Gemahlene Haferflocken
Buttertee darüber, dann wird alles mit den Händen vermatscht und so gegessen.
Fazit: schmeckt viel leckerer als es tönt!!


Lo Manthang, "the walled City"

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1. August (schweizer Geburtstag, alles Gute!):
Die ummauerte Stadt... Lo Manthang, auch manchmal nur "Lo" genannt.
Man läuft durch die Strassen und wird an allen Ecken angesprochen, ob "wanna see my shop?". Es ist inzwischen dermassen touristisch hier dass mann nicht mehr als Gast, wie sonst überall in Nepal, angesehen wird, sondern als Tourist. Schade - dies ist mein eigener kleiner Nachteil von Lo. Ich liebe es, mit den Einheimischen, den Familien, Lopas, in deren Küchen zusammen zu sitzen, Tee zu trinken oder zu essen. Zuzuschauen, wie die Träger und die Dorfjungs Berge (!!) an klebendem Reis in sich reinschaufeln und mit einem Tempo, wo mir fast schwindelig wird...
Auf den Strassen von Lo bemerkt man schnell, wie verbreitet der Tourismus sogar an diesem abgeschiedenen Ort der Stille ist... sagte ich gerade "Stille"? - Nun ja, eigentlich redet niemand lauter als die Nepali auf den Strassen! Die Gespräche sind oft fast "kreischend", Frauen rufen und lachen quer über und durch die Strassen, dazu muhen natürlich Kühe - und auch ihre Laute erinnern mehr an Kindergekreisch als an Tierlaute. Pferde wiehern empört über de Treiber, Kinderlachen weniger, denn sie sind in der Schule, nördlich im Tal...
Dann die Fahrzeuge: da in Lo gerade (oder immer noch & auf ewig) gebaut wird rattern die Traktoren und ihre vollgeladenen Anhänger über die Platten, welche zusammengesetzt Strassen ergeben. Hin und wieder rattert ein Motorrad durch, Jeeps sind innerhalb der Stadtmauern nicht gross anzutreffen. Das Leben spielt sich, wenn nicht der Regen die Strassen in einen einzigen Schlamm verwandelt, draussen ab: Frauen waschen sich (meist gegenseitig, was ich eine schöne Prozedur finde) die Haare oder tönen sie mit Henna. Wäsche wird in einer Art tiefen Brunnen erledigt oder gleich im Strassengrabenbächlein, stets mit viiieeeel Seife ;) auch manche Männer waschen, gestern zum Beispiel hat mir Suman netterweise meine verschwitzten Sachen gewaschen (ich bin ihm aber sehr schnell nachgerannt um die Unterwäsche rauszupflücken^^)!
Gewöhnen muss man sich an die Geräusche der seehr speziellen Mundreinigung der Nepali. Rotzend wird Spucke und Nasenschleim hochgezogen, LAUTstark! Und dann ausgespuckt, sofern man sich nicht in einer Stube befindet ;) ich muss nur schauen, dass ich es mir selbst nicht an- oder dann wieder ABgewöhne bis ich zurück zu den 'Bünzlis' komme! (äxgüsi, aber wir Schweizer SIND die wohl grössten Bünzlis welche es gibt, ich hab nun ziemlich viel Vergleich;))


Manchmal aber bin ich fast traurig, da europäische Verhältnisse unserer täglichen Begegnungen gewohnt. Hier, egal wie du rumläufst, egal wie du gekleidet bist oder ob du selbst höflich bist oder nicht: du WIRST von allen ein strahlendes, zähnearmes, runzeliges Lächeln bekommen :) Noch besser wenn man mit einem näseligen "Namaste" grüsst - dann ziehen sich die gebräunten, rotbackigen Gesichter in die Breite. Die Grosszügigkeit und Neugier, nicht bloss der Kinder der Schulen, welche ich jetzt schon besichtigen durfte oder der Minimönche, sondern auch der Erwachsenen und Alten, auch der Mönche; sie ist unglaublich.
Heute, in einer abgelegenen Schule mitten im auslaufenden Tal nördlich der Hauptstadt, kamen die Kinder in Scharen angerannt, blieben dann in Sicherheitsabstand und so leise hinter mir, dass ich sie kaum wahrnahm - und wenn ich mich umdrehte: "Namateeeeeee" mit Riesensmile und den typisch zusammengelegten, schmutzig-kleinen Kinderfingern.
Sie sind so süss - nie hatte ich Kinder süss gefunden. Ich fand einige lieb, nett, mühsam, verwöhnt, liebevoll - und immer sehr wertvoll! Hier kommt noch etwas dazu, was ich schlecht benennen kann: wahrscheinlich treffe ich es mit FASZINIEREND am Besten!
Die Cappuccino-Queen! (Stolze illi-coffee-Besitzerin)

 in Lo Manthang


Die noch (!) Trockenen Gassen



29.7.-1.8. Trek nach Lo Manthang

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5:49: das jauchzende Bellen der Strassenhunde weckt mich vor dem Wecker... ich bleibe noch eine Weile liegen und denke an die Hauptstadt Mustangs, wo wir heute hinwandern werden. Ich den kürzeren weg mit Sabin, Herbert, Suman und Chhewang den Längeren über Lo Ghekar.
Ich habe am Vorabend einen Plan für meine Weiterreise gemacht: wenn ich in Lo Manthang nicht einen Höhenbedarf/-flug habe, dann zieht es mich sehr zurück nach Chhusang, unserem ersten Dorf - wo ich auf den Mauern in der Wildnis den Knausgård verschlungen hatte... ♡
Ich würde also nicht über den Höhenweg und die Lori Gompa (das ist schade, denn diese soll echt schön sein!) laufen sondern per Jeep querbeet nach Chhusang fahren, dort 2 mal übernachten und dann mit den Anderen beiden und Suman nach Mutkinath hoch wandern.
Sabin spricht nicht viel da er zwar Englisch in der Schule hatte, es jedoch nie richtig gesprochen hat (hätten ihm vielleicht unsere mühsamen English speaking lessons gefallen? ;))
Nach knapp 4 Stunden laufen kommen wir in Lo Manthang an. Die Stadt ist etwas verwirrend und sehr schmutzig, jedoch spürbar belebter als die Dörfer davor. Ich schaffe es, heiss zu duschen und dann durch die Strassen zu schlendern, an jeder Ecke bekomme ich ein Namaste und das Anpreisen des eigenen Shops/Kaffees. Die Frauen tragen hier schon sehr tibetisch-geprägte Kleidung mit dem farbigen Gürtel um die Tallie gewickelt, schöne Ohrringe und Haarspangen, die meisten haben die langen schwarzen Haare zu einem Zopf geflochten. Sie sind sehr klein, allgemein! Chhewang sagte, das sei angeboren, Herbert erklärte, es fehle das Eiweiss in der Ernährung...
Ich selbst habe auch schon kleine Sehnsüchte, welche jedoch nicht sehr schlimm zu ertragen sind. Reis und Kartoffeln und Nudeln - darum muss man bauen. Gemüse bekommt man auch genug, einfach bloss gekochtes. Wenn ich daran denke, wie meine Mutter frische Salate mit Gurke und Cherrytomaten isst, Melonen aufschneidet und Birchermüsli macht.... wie sie Äpfel aus der Schale nehmen können und ohne vergiftungsgefahr reinbeissen... da werde ich schon etwas wehmütig! Frisches Obst kriege ich - zumindest im Mustang - nicht. Alles andere, des Schweizers gewohnte, kann man irgendwie eintauschen gegen etwas tibetisches oder eben auch nicht:
Allerlei Fleisch = Yak oder Wasserbüffel, Würste gibts am anderen Ende Asiens wieder.
Obst = getrocknetes Obst, frische Äpfel nur als dünne Scheiben in den Pancakes zu erobern.
Gurke, Tomate, Salat = Kartoffeln, Brokoli, Spinat/Pak Choi (! mog i !)
Petersilie, Schnittlauch = Koreander (für Herbert immer zu viel!)
Reis = viel Reis
Spagetti = Thantuk oder Nudelsuppe
Bircher Müsli = tsampa (nepalesischer Porridge)
Brot = tibet. bread (dünne, frittierte, süssliche, gedrehte Cracker) oder Buckwheat Bread (mag ich sehr: wie ein Omlett zubereiteter, in der Pfanne gebratener Vollkornteig, in der Mitte fast roh) oder Chapati (dünne, in der Flamme gedrehte Teigscheiben, meist zum DahlBat dazu serviert)
Tomatensuppe = aus dem Beutel
Mushroomsuppe = aus dem Beutel
...suppe = aus dem Beutel
...
Nudelsuppe = Thanthuk (geiler Scheiss! Ganz dicke Nudeln in Gemüseboullion mit {herbertgehasstem} Koreander, manchmal passieren da beim Zubereiten Salzunfälle^^)
Teller = Blechplatten
Besteck = Hände (die drei längsten Finger dienen als Schaufel, der Daumen streift die Masse in den Mund, es sieht echt aus nach Sandkastenspass!)
Cappuccino: schwarzer Kaffee mit Kuhmilch, Fett inklusive (schwimmt niedlich oben auf!)
Wanderschuhe der Lopas (Mustangbewohner): Flip Flops
Reiscurry = Dal Bhat
Paella = Dal Bhat
Butterbrote = Dal Bhat
Riz Casimir = Dal Bhat
Quiche, Lasagne, Auflauf, Stocki...:
Dal Bhat
Mittagessen: Dal Bhat
Abendessen: Dal Bhat
Und wo Platz ist und Ideen fehlen: Momos Momos Momos (es gibt diese Teigtaschen in allen Variationen: Fleisch, Thunfisch, Vegetarian - und irgendwo habe ich sogar schon einmal Schokolade gesehen!:))
Stoppschild = kein Schild
Landstrasse 80km/h = 30km/h oder so schnell wie es geht...;)
Jeans = Jogginghose
Strassenkatzen = Strassenkühe
Michel (Saft) = Frooty
Toiletten = ..bitte was?
Strom = nach Lust und Laune
"free wifi" = haben sie mal irgendwo gelesen und wissen, dass die Touris das sehen wollen. Also steht es auf jeder Steinmauer und jedem Plumpsklo!

Nach einem Tag in Lo Mantang setzen wir uns zu Viert (Andreas ist ja jetzt auch wieder bei uns) in der Stube zusammen. Wir besprechen die folgenden Tagen nach dem Lo Manthang-Aufenthalt, wo wir alle einen verschiedenen Reiseverlauf haben werden. Einzig Herbert, der 64jährige, begeisterte Mustang-Lover, macht den von Diamir gegebenen Reiseverlauf. Andreas interessiert sich fast ausschliesslich für das Yartung Mela Festival in Mutkinath, weshalb er abkürzen und auf den 4. August sofort nach Mutkinath fahren wird.
Ich halte mich, von unserem Guide ermutigt und bestätigt, an meinen entworfenen Plan: am 3. werde ich mit dem "Linienbus" nach Chhusang fahren, wo wir am Anfang unseres Trekkings übernachtet haben. Gedanken mit Chhewang geteilt: mir geht es bei diesem Trek nicht darum, alles machbare und sehbare "abzuhaken". Da mir schon jedes mich ansprechende und lächelnde Mädchen auf den Strassen überwältigt und Klosterbibliotheken quasi überfordern an Eindrücken werde ich diesen Spuren, und nicht den touristischen, nachgehen. Dass ich einen für zu Fuss gedachten Teil durch eine aufregende Carfahrt durch den Transhimalaya und zwei Nächte in einem lokalen Bergdorf 'ersetze' löst bei mir zwar leise das Gefühl, versagt zu haben, doch auch weiss ich, dass ich dadurch nichts verpasse. Am 5. kommen die Anderen Beiden nach Chhusang und wir werden zusammen nach Mutkinath zum dann auslaufenden Festival aufsteigen. Dies wird ein Höhenauf und -ab von gut 1100 Metern, doch Chhewang meint, ich würde das schaffen (er habe mich beobachtet beim Laufen^^) 




Samar, Geling, Tsarang und die Erkältung..

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28.7. Samar - Geling

Aufstehen um 6:05. Vorsichtig teste ich meine Kräfte, habe ich Fieber? Was mir als erstes auffällt ist der Rege, Tsan, typisch für das grüne Dorf Samar, welcher fein rieselt... In diesem Nebental sei das üblich, es sei sogar der einzige Platz im Mustang, wo Regen hinkomme...
Um kurz nach Sieben laufen wir los, zu Beginn noch Regengeschützt.... die Hänge sind steil und ich nutze die schon gut angeeignete Atmungsmethode, welche in Höhen von fast 4000m wirklich hilft: 1 Schritt/Einantmen, 1Schritt/Ausatmen...
Es geht immer ziemlich steil auf und ab, was für die Beine Muskelkater des Todes geben wird! Aber ich bin dankbar dass ich wieder etwas auf den Beinen bin. Auf dem Weg gelangen wir immer wieder an kleine Stätten, Steinhügel, mit flatternden Gebetsflaggen. Traditionell wirft man darauf kleine Steine dazu als Opfergabe. Eine kleine Höhle treffen wir an inmitten einer tiefen Schlucht, wo ein tibetischer Gott damals eine Stupa errichtet hat - wie er die Höhle wohl so zufällig gefunden hat...?
In einer kleinen Lodge nach einigen Auf und Absteigen bestellen wir eine Nudelsuppe... Auf dem letzten Abschnitt langes, tiefes Gespräch mit Chhewang: er erzählt von seinen Träumen, seiner Zukunft. Er hat sich noch für den Master in Sozialwissenschaften angemeldet, erzählt er stolz. Auch möchte er gerne, dass seine Tochter den Mustang und die sonstigen unberührten Gebiete Nepals ebenso kennenlernen wird wie Kathmandu, wo sie studieren wird (Pokhara hat keine Uni). Ob er jemals wieder aus Nepal weg will, nach Europa, frage ich ihn. Eher nicht, sagt er. Die Familie brauche ihn, er habe ausserdem sehr kranke Eltern. Seine Schwester ist in Lo Manthang und kann von dort oben nicht gross helfen, seine anderen Geschwister sind in Nepal ziemlich verstreut. Man bleibt nicht zusammen, wenn man Arbeit braucht, man geht weit weg, um überleben zu können. Einst habe ich Chhewang mit seiner Mutter telefonieren hören. Der Vater brauchte Medizin, welche aus Pokhara gebracht werden musste - und so etwas kann Wochen dauern! Die Mutter am Telefon hustete sehr stark.
Nach dem Mittag ca 2 Stunden mehr, wobei wir an einigen Strassenbauten und Schulkindern vorbeikommen. Sie sind gar nicht scheu, grüssen spitznäsig 'Namaste' und blinken mich mit ihren kleinen Augen neugierig an...
Wenn ich in ihre Gesichter blicke, dann empfinde ich immer sehr grosse Lieben, Zuneigung und Nähe. Die Wangen sind meist dreckig und etwas staubig, was aber nicht selbstverursacht ist sondern als Schutz ("des schönen Kindes") vor den Dämonen dient...

29.7. Geling - ...???
Heute gehts mir wieder schlechter. Ich habe den Fehler gemacht, die Haare zu waschen am Vorabend. Natürlich gibt es hier oben keinen Föhn, schon warmes Wasser für 10min ist Luxus! Kälte über Nacht keine, morgens sehr stark. Ich freue mich aufs Laufen, doch als ich das Wetter sehe... es schüttet aus Kübeln!
Wir montieren alles wasserfeste, packen Rucksäcke ein und ich werfe dem Frühstück zur Reserve einen Nussriegel nach. Nach 2 Stunden laufen haben wir den 1. Pass geschafft und sind über 4000Metern, mein Puls hat sich von ca 130 auf brave 60/min erholt. Herbert sagt mir immerzu, dass er heftigere Treks mit Erkältungen wie der Meinen hingekriegt hat mit den rechten Medikamenten, doch ich trotze dem. Ich werde keine körperüberfordernde Dinge tun, wenn diese nur MIT Medikamentation zu schaffen sind. Da mache ich mich kaputt.
Wahrscheinlich hätte es geklappt mit dem trekken heute wenn nicht dieser dauerhafte Regen gewesen wäre. Er weicht die Erde auf, verwandelt die wenigen verbliebenen Strassen in Flüsse - und schon bald friere ich trotz der Schichten.
In Ghemi angekommen, der drittgrössten Stadt Mustangs (mit einer wunderschönen, langen "Manimauer"), müssen wir umplanen. Den Trekkingteil querfeldein zur Lo Ghekar, einem der ältesten tibetischen Klöster, können wir bei dem Hudelwetter nicht machen. Ich spreche mit Chhewang: Ob er und die Träger es dennoch machen würden? - Jaaaa es geht schon. - Und ob die Träger denn keinen Regenschutz anziehen wollten? - Ich habe sie gefragt, die haben nicht kalt!
In Ghemi gehen wir in eine kleine Lodge, wo zum Glück ein Herd brennt. Wir ziehen alles aus, was nass ist und hängen das total durchnässte über die Flamme. Schädelbrummen, Wackelbeine und irgendwie nur halber Blick... Ich verfluche mich selbst so sehr in diesem Moment! Auch Herbert schniegft ganz ordentlich, aber dass ich jetzt gerade Krank werden musste... Sch***.
Ich bekomme ein wenig Angst jetzt. Wenn es einen Menschen gibt, der sich bissel mit Medizin auskennt ist das wohl das höchste was ich bekommen könnte. Eine Apotheke, geschweige denn ein Hospital gibt es erst wieder unten in Pokhara.
Also: Jeep nach Tsarang, dem Dorf, welches wir eigentlich für das alte Kloster auslassen wollten. Als wir nach dem Mittagessen kurz das Dorf besichtigen wollen, kommt die Sonne wieder raus und - typisch Magdalena - ich hinterfrage unseren Jeep-Entscheid gleich wieder! Ob die anderen nun doch lieber wandern wollen würden? Doch die Hitze in meinem Kopf hat den musikalischen Takt eines Hard Rocks angenommen, ich halte mich an den Hauswänden fest, um irgendwie durch die schlammigen Strassen und zwischen den lehmigen Hauswänden vorbeizukommen. Ein Hund streift meine Regenhose, sein eigentlich hübsches Fell ist vollständig verfilzt und voller Lehmklumpen.
Ich überlege die ganze Fahrt, ob die andern vielleicht aussteigen und wandern wollen, doch sie wollen mitfahren nach Tsarang. Herbert möchte unbedingt am selben Nachmittag noch zur Lo Ghekar laufen (3 Stunden je für einen Weg!) doch Chhewang meint, es würde nicht gehen. Als Herbert (zum dritten Mal) aussteigen will für ein Foto, drehe ich mich zu unserem doch etwas ZU höflichen Guide um und sage: "Chhewang, du darfst auch Nein sagen!! Der würde sonst nach Tibet laufen wollen!"
Er muss einfach lernen, das zu nehmen was gegeben ist - nicht immer mehr zu wollen!
Auch die Träger sind offenbar dankbar, als wir in Tsarang ankommen, nachdem wir einmal im Strassengraben gelandet sind und ein halbes Dorf uns raushieven musste und dann noch eine tiefliegende Stromleitung (ohne Pfupf, sonst würde ich nicht mehr schreiben hier!) erwischten und den Draht mit Werkzeug vom Dach unseres Autos abtrennen mussten.
Mir kommen nun auch etwas die Tränen der Erleichterung, dass wir angekommen sind in einem Dorf, dass es nicht mehr regnet und dass die teilweise seit 2 Tagen nassen Sachen endlich in der Sonne trocknen, dass ich liegen kann - egal wo.
Nachdem wir Tee getrunken haben lasse ich mich verlocken zu einem Tsarang-Rundgang. Hätte ich das nicht gemacht, hätte ich echt was verpasst! Wir treffen Mönchskinder, welche ein Brettspiel spielen in einer alten Klosterschule auf dem Hügel. Wir sehen Manimauern und Gebetsräume, das ehemalige Königsschloss, Statuen, Thangkas, sehen alte Schriften und (in einem Frauenkloster) wunderbare Aufsätze über Eltern, Erziehung, Heimat und Glaube. Ich kann mich nicht sattlesen. Obwohl das Kloster eine Renovation dringend nötig hätte (dem Regen hält das Dach nicht stand, es ist in allen Räumen nass) und die Hygiene am Talboden aufzukratzen ist - treffen wir 6 junge Mädchen, welche sich zusammen vor einen Bildschirm pressen und einen Tibetischen Film schauen. Sie machen das gleiche wie alle Frauen es immer tun, wenn eine weitere Frau den Raum betritt: einmal von unten nach Oben scannen (zum Glück habe ich mir mein Tuch fest um die Knie gewickelt!), doch dann bekomme ich gleich ein rotbackiges, braunäugiges Lächeln geschenkt ♡
In der Klosterbibliothek vergesse ich kurz meine Erkältung und die Bett-Sehnsucht: ich habe plötzlich schmuddelige, alte, englische 'Harry Potter' und 'Herr der Ringe' in den Händen! Staubig und vergilbt trotzen sie den Extrembedingungen hier draussen - und sind ebenso stark und beständig wie ihre Leserinnen.
Auf dem Heimweg dann wieder Wackelbeine. Ich bedanke mich wieder bei Chhewang, danke ihm für seine Worte: "auch wenn du ab jetzt mehr mit dem Jeep fahren musst - wenn du es bis nach Lo Manthang geschafft hast, dann kennst du den Mustang! Du wirst nichts mehr verpassen!"
Ich schrecke aus meinem Krankenlager auf. Eine Kuh unter meinem Fenster hat megaphonemässig gemuht! Es antwortet ein wieherndes Pferd, schreiende Kinder - und konstant das Rütteln des Windes an unserem profisorisch-hoffentlichhältsnocheineNacht-Dach.

Wie schnell man sich an die hier vorherrschenden Konditionen gewöhnt ist unglaublich! Meine kindische Freude, als ich gestern "hot shower" las, meine Zuneigung den Kloster-Mädchen gegenüber, der enorme Respekt in den Klöstern und an Gebetsorten. Dann die Art, wie man Äpfel über 2 Tage rationiert, weil es das einzige frische Obst ist, das man essen kann. Das kurzfristige Umplanenmüssen bei Wetterwechsel, das Schlafen auf dem Handtuch, da es kein Leintuch hat. Das gesellschaftliche Akzeptieren jeglicher kleiner Zimmer- und Duschgenossen (auch Gekos...), keine Angst haben davor. Taschentücher halbieren, Socken als Kameraschutz, das Handy als Spiegel - oder einen Tag keinen Spiegel. Das Umherschauen. Ich blicke so viel mehr in die Welt als zuhause. Vor allem nach oben, aber auch nach hinten. Was ich mich zuhause nicht traue...
Das spärliche Denken an Zukunft - nur ans Jetzt! Und zugegeben besteht auch für mich das jetzt aus nur einem: (durch)leben.
21:10: Vorhin beim Abendessen habe ich der Familie beim Momo-machen zugesehen. Die ganze Familie machte mit, denn chinesischer Besuch wurde erwartet! Der Teig wird mit einem Wasserglas rund ausgestochen (1. Händepaar), dann wird in die Mitte die Füllung (Gemüse, Fleisch, Kartoffeln oder Thunfisch aus der Dose; 2. Händepaar) gegeben und schlussendlich geschickt zusammengefaltet und seitlicv zusammengeknetet (3. Händepaar) sodass sich der hübsche Kamm bildet. In einem Dämpfer werden die Momos dann gedämpft - evt auch frittiert danach.

Jetzt liege ich in meinem Schlafsack, habe meinen Tee in der Thermoskanne als Bettflasche und lausche dem unendlichen Bellen der Strassenhunde. Die Wände sind dünner als ein Teppich - also höre ich auch Herberts ruhiges Atmen. Ich habe den Kopf hochgelagert damit ich einigermassen atmen kann und werde morgen 4 Stunden nach Lo Manthang laufen mit Sabin. Ich werd schon wieder gesund!
Ich bin dankbar.


Willkommen im Mustang!


26.7. 00:43 Uhr
Schlaflos... Übelkeit und leichte Kopfschmerzen, dazu unangenehm kalte Füsse und das Gefühl, nicht sicher zu sein. Chhewang hat uns Anti-Mücken-Stecker auf die Zimmer mitgegeben, deshalb bleibe ich von ihnen verschont... Hunde bellen draussen und beginnen, zu heulen. Ich glaube auch, leichten Regen zu hören...
Habe ich ein Medikament gegen die Übelkeit dabei, wenn ich nun doch Mühe mit der Höhe habe? Nun sind wir doch schon an der 3000er-Grenze...
6:30 Abfahrt Richtung Kadbeni. Auf dem Weg gabeln wir unsere Träger Suman und Sabin auf. Sie sind freundlich und lächeln viel!
Wir müssen an einem Fluss aussteigen, hüpfen hinten auf einen Traktor und holpern durch den Fluss. Dann laufen wir los, ca eine Stunde bis Kadbeni!
Das Dörflein ist klein, geschmückt mit vielen Gebetsfahnen und -mauern. Vieles ist schon Tibetisch, die Leute lächeln und grüssen freundlich. In einem asiatischen Trekkinghostel teilen wir uns die Frühstücksstuben mit einer Gruppe rot gekleideter Mönche und bestellen unser Essen. Es gibt für mich ein Vegetarisches Omlet aus Eiern und Gemüse und dazu schwarzen Kaffee mit morgen-frischer Milch.
Danach machen wir uns auf den Weg - und mit etwas Mageninhalt fällt das Wandern schon leichter!
Dann trekken, langsam, sachte den Hügel hinauf. Dabei knabbere ich schweizer Blevita und trinke den ersten Liter Wasser. Auf dem Weg treffen wir einen amerikanischen Vater mit seinen 2 Töchtern - sie laufen viel zu schnell! Chhewang sagt mir, dass ein solches Tempo Schwierigkeiten geben könnte...
Wir dagegen sind sehr langsam, mein Atem geht schnell und flattert ein wenig, ich muss aufpassen dass ich immer wieder Kohlendioxid raus und rein lasse! Die Landschaft: atemberaubend. Wie auf den Bildern zu sehen ist, schlängelt sich der Kali Gandaki breit, schlammig und untief durch das Tal, wir laufen immer etwas oberhalb durch die wüstenartige Landschaft.
Kleine Büsche, trockene Stauden wachsen in Meterabständen und malen aus der Ferne kleine dunkle Punkte in den Felsen. Appel Farm links, Drachenrücken (Steinsformationen, welche nagelfluhartige Stücke eingebaut habeb) zu beiden Seiten.
Die Strassen sind staubig, kiesig und manchmal etwas sehr steinig, sodass der mir schon bekannte leichte Krampf im rechten Fussballen kommt.
Nach ca 2 oder 3 Stunden erreichen wir das kleine Dorf Tangbe (3300m), wo wir uns in der schmalen Lodge erst einmal auf die Liegen strecken und aus den schweren Trekkingschuhen schlüpfen. Einige Fliegen brummen umher, aus der Küche tönt das Reden kleiner Kinder und einer nepalesischen Frau. Das Mittagessen wird gekocht, eine Nudelsuppe für Andreas (welche er nicht isst - ich jedoch habe Berglöwen-Hunger nach dem Laufen!) und mich. Ich bin schon sehr müde, habe aber nicht das Gefühl, schon mit der Höhe zu kämpfen zu haben.
Herbert sitzt am Fenster mit Bier und wartet "bis sich der Nilgiri aus den Wolken schält". Es tut so gut, die Zehen zu spreizen - an etwas anderes denke ich gar nicht in diesem Moment...
16:00 Uhr: Ankommen im kleinen Dorf Chusang. Ich sitze in der kleinen Sitzgruppe/Gemeinschaftsraum/Esstisch und trinke einen schwarzen Kaffee, auf dem Schoss Knausgård. Doch konzentrieren kann ich mich irgendwie nicht. Ich lausche den angeregten Gesprächen der Einheimischen, wahrscheinlich Mutter und erwachsene Söhne welche von der Stadt heraufgekommen sind. Die Zimmer sind in einem Steingebäude oben, ein wunderbarer Ausblick auf den Kali Gandash ist mir geschenkt... Im Stall darunter stehen "Mulis", Mischung Pferd/Esel, wobei diese den Esel als Vater haben und so viel kleiner sind als die grösseren Maultiere. Mit lieben Augen blicken sie hoch, einige von ihnen sind sehr dünn, sodass mein Pferdeherz etwas tränt...! Dennoch ist die Anwesenheit aller Tiere wunderbar für mich in dieser rauhen Gegend, ihnen in die Augen zu blicken reicht!
Chhewang kam vorhin zu mir und flüsterte ganz leise, denn die Familie hat spitze Ohren: "Für Einheimische ist es eine grosse Aufgabe, uns zu bewirten! Sie geben sich sehr grosse Mühe, merkst du?" Ja natürlich!
Auch in Tangbe wurden wir grosszügig respektiert, nackte, sich waschende Frauen grüssten uns ebenso selbstverständlich wie die Truckfahrer, welche ein frohes Namaste runter rufen, während ich hinter einem Stein versuche, mir die Toilette "vorzustellen" ;) Ich finde es spannend, dass in so vielen Ländern darüber gestritten, diskutiert und gekämpft wird dass Frauen gleichberechtigt werden - in Beruf, Stimmrecht, Rechten... Und Länder wie Nepal als Entwicklungsländer bezeichnet werden. Hat sein Wahres, auch wenn die buddhistischen Frauen einen viel höheren Stellenwert haben als zB die hinduistischen oder islamischen - trotzdem können wir in der Unverbindlichkeit und Schamlosigkeit wie auch in dieser unendlichen Selbstverständlichkeit des Ich- und Wir-Seins einiges lernen von diesen Völkern.
Ich habe schon jetzt gelernt, mich nicht zu verstecken hier. Wenn ich etwas benötige oder wünsche, dann macht es sich viel besser wenn ich glech frage, denn Ehrlichkeit schätzen die Nepalesen (ausser wenn ihre Ernte nicht schmeckt - dann sollte man besser lügen und es "toll" finden!)
Wie sie versuchen, dir immer das Beste zu geben, dir die Decken im Zimmer her richten und Toilettenpapier und ein wertvolles Stück Seife ins Zimmer stellen... Sie kümmern sich um uns - so viel besser, als es ein manch Reicher um die ihm Unterlegenen tut...
17:58: ich sitze im Apfelhain (das Mustangtal ist bekannt für seine Äpfel und Aprikosen, welche hier trotz der rauen Landschaft gut gedeihen, sie bleiben klein, aber sind sehr süss!) und lasse meine geduschten Haare im starken Wind trocknen. Inzwischen trage ich 3 Schichten: Sweather, Fleece und Kunstfaserjacke - es hat auf mind 15 Grad runterekühlt und der Wind pfeift durch das Kaligandaki-Tal... Es sind weitere Trekker gekommen, man hat sich auf dem Flughafen in Pokhara schon beim "Sechsuhr-Kaffee" zugenickt. Jetzt kennen wir uns schon besser, das eine Amerikanermädchen hat wie ich die Highschool in der Tasche und will Geologie studieren nördlich von California. Herbert hat sie heute ziemlich genervt mit immer wiederkehrenden "Damit machst du keinen Beruf" und "ach was, Geologielehrer braucht es nicht mehr!"
Ich hab mich mit der Zeit an ihre Seite stellen müssen als sie verzweifelt zu ihrem Papa geblickt hat: "I hate being American these times. This man (Trump) destroys everything!!" Meinte sie, dass Herbert sie demütigte weil er Trump mit allen Amerikanern verband?
Auf dem Weg war ich dann ein Stück neben ihr gelaufen. Wir beide wollen etwas studieren, was keine Einbahnstrasse zu Zahnarzt oder Arzt ist. Wir beide haben nach dem Studium nicht viel in der Tasche ausser dem Abschluss. Und wir beide werden danach unser Leben mit Arbeit gestalten, so wie wir eben können! ♡

Nun Knausgård auf dem Schoss, die Sneakers sind so viel leichter als die Trekkingschuhe! Aber es wird so verdammt kalt dass ich nicht mehr lange hier sitzen kann... Kein Empfang, kein Wlan, keine Bindung. Nur ich und Knausgård, sein "Leben", mein Ich... Und dass ich nicht auf Empfang bin momentan fühlt sich toll an - ich will gar nicht noch mehr wissen als all das hier. Denn das ist schon verdammt viel!

27.7. Chhusang - Samar
Erneutes aufwachen in der Nacht. Übelkeit und Husten! Eine Erkältung bahnt sich an...
Am Morgen um Sieben werde ich zum Frühstück geholt. Den Apple-Pancake kann ich nur mit genügend Kaffee runterspühlen. Offensichlich sass ich gestern zu lange im Wind...
Auch Andreas hat eine Erkältung, bei ihm offenbar richtig übel, denn er wird heute mit dem Jeep nach Lo Manthang gefahren. Wir werden also nur noch zu Fünft unterwegs sein - Herbert, Chhewang, die Träger und ich.
Auf dem Weg nach Oben müssen wir einen etwas steilen Hang hochkraxeln. Ich spüre dezentes Hämmern im Kopf und brauche plötzlich einen Schal, weil mir Kalt ist. Ich will nicht krank werden!!!
Obwohl es erst kurz nach halb Elf ist, müssen wir Mittagspause machen, denn danach wird lange kein Dorf mehr kommen wo wir was essen können. Nach Samar wird es noch etwa 3 Stunden sein, sagt Chhewang. Die Felsformationen sind majestätisch wie immer. Das Tal ist in diesem Abschnitt enget geschnitten und der Kali Gandaki fliesst heftiger, schneller! Die Felswände sind ziemlich brüchig, da kann man teilweise mit dem Fingernagel kleine Steinschläge auslösen... Rostig-rötlich sind sie nun.
Wir kommen an einigen Strassenbauten vorbei wo viele Frauen, oft mit kleinen Kindern auf dem Rücken, arbeiten.
Das Aufsteigen bereitet heute sehr viel mehr Mühe - aber das ist wegen der Erkältung. Ich bete nun innerlich, dass es nicht schlimmer wird oder sich gar eine Lungenentzündung anschleicht... Zu Mittag bestelle ich mir mit Herbert zusammen einen gefüllten Teller Reis und eine Dal-Suppe. Ich esse so viel ich kann und zwänge mir damit Energie auf wie es halt geht..!
Meine zuvor etwas fiebrige Sicht wird klarer, das Aspirin und Herberts Schleimlöser wirken langsam. Hoffentlich schaffe ich es bis Samar!
Auf wen hören? Erfahrener Bergtrekker und Mustangkenner - oder Einheimischer Guide, welcher hier aufgewachsen ist? Herbert kann aus europäischer Sicht reden, hat das Ganze mit meinem anfänglichen Standpunkt begonnen. Chhewang ist einsame Spitze, er kennt jeden Dorfbewohner und alle Schleichwege. Doch er selbst kann viel mehr, ist ziemlich gut akklimatisiert und kommt ohne fast alles aus! Er sagt mir, dass ich es schaffen werde, Herbert sagt, dass ich, wenn ich die heutigen 700 Höhenmeter geschafft hab (mit fiebrigem Kopf und Halsschmerzen) dann würde ich auch den schwierigen Teil nach Lo Manthang schaffen, vor welchem ich so Schiss habe... Aber da kommen noch so viel mehr Etappen, welche tückisch und fies sein werden, das weiss ich! Und ich habe ziemlichen Respekt! Beim Trinken hat man schneller das Gefühl als beim Essen, keinen Platz mehr zu haben, doch beides hilft. Man merkt, wenn der Körper zu wenig Wasser in sich hat, wenn man trinkt in diesen Höhen: die Nase beginnt zu laufen.
Dann ist gut. Beim Essen: leicht verträgliches, was "gut rutscht". Fettige Speisen sind beim Magen nicht sehr beliebt, Kohlenhydrate sind es!
Ärger über Herbert: manchmal ist er sehr hilfsbereit und kümmert sich um jeden meiner Schritte, leitet meine hektischen Atemzüge an, bekräftigt mich. Doch wie ältere Herren eben so sind - er weiss zu allem etwas von sich zu erzählen, auch wenn es noch so abenteuerliche Storys sind. Wenn ich wärend dem Laufen höre, dass 800 Höhenmeter an einem einzigen Tag viel zu viel sind, dann bekomme ich leider immer noch grosse Zweifel. Doch ich bin ja nicht gekippt!
Auf dem Weg (rauf , immer weiter rauf, wann hört dieses Aufwärts endlich auf?!) Versuche ich, Hörbücher zu hören um mich abzulenken. Katharina Thalbachs Stimme ist mir zu aufregend, da gefällt mir viel besser, wie Joachim Schönfeld "über den Norden" liest.
Seine Stimme geradliniger, einfacher, ruhiger...
15:30 Endlich sind wir in Samar (3660m) angekommen. Mein Rücken brennt, die Adern an den Waden scheinen fast nem Dammbruch Nahe zu sein. Es war gesundheitsmässig zu viel heute, auch wenn die Kräfte notfalls mitgemacht hätten. Doch wir mussten auch einen Umweg machen wegen Strassenbau - vielleicht wäre die Reisebeschreibung für heute für den unteren Weg nicht so enorm untertrieben gewesen...!
In Samar bekommen wir einen heissen Ingertee und ich nehme das 2. Gelomyrtol (von Herbert liebevoll verschrieben, der Mann ist selbst echt top fit!) mit einem Aspirin zusammen. Ich traue mich nicht, das Medikament gegen Höhenkrankheit zu nehmen da ich 1. Nicht weiss ob es eine solche ist und 2. Hätte man am Tag VOR der Expansion, also gestern, beginnen müssen! Dann pflanze ich mich ins Bett, schalte das Heim-bekannte Harry Potter-Hörbuch an und schlafe tief ein, wache aber nach einer Stunde schon wieder auf! Gerade rechtzeitig, denn als ich meine schmerzenden Gliedmassen zum aufstehen zwinge und meinen Brummschädel durchs Fenster strecke sehe ich ihn: den von Wolken befreiten Annapurna-Kamm und daneben teile des Daulagiri-Massivs. Es ist atemberaubend! Im Blauen Himmel sind die schneebedeckten Zacken messerscharf zu sehen und stehen so majestätisch da, dass man ihnen Danke sagen will, dass sie sich kurz zeigen!

Die harten Matrazen, die Zimmer ohne Heizung und die nässenden Decken laden sicherlich nicht dazu ein, gesund zu werden, denke ich. Doch nun muss mein Körper sass alleine schaffen. Ich muss, muss morgen wieder besser auf den Beinen sein. Irgendwie hilft es sehr, dass ich weiss, dass ich heute alles richtig gemacht habe. Ich bin langsam gelaufen, habe viel getrunken und zweimal was suppigartiges gegessen, überhaupt genug gegessen. Das ist das Wichtigste. Mein Körper kann jetzt versuchen - über Nacht hoffentlich - etwas zu genesen. ☆

Mit Knausgårds "Leben" auf den Ruinen Chhusangs

Andreas - hinter ihm das Kaligandakital

TREKKING

Mustang in seiner definierenden und typischen Farbe: braun :)