Sonntag, 6. August 2017

Kritagyataa - Dankbarsein

Wir sollten dankbar sein. Dankbar und froh über unser Land, sei es Deutschland, segs d Schwiiz, är det Sverige eller Norge...
Es ist nicht selbstverständlich, ein Land ohne Erdbebenschäden zu bewohnen, ein Land mit einem intakten Gesundheits- und Bildungssystem, alle Chancen, einen Beruf zu erlernen, Geld zu verdienen um eine Familie ernähren zu können, zu studieren (!). Es ist nicht selbstverständlich, jemanden lieben und deshalb heiraten zu dürfen, es ist nicht klar, dass Trennungen und Scheidungen möglich und legal sind.
Es ist nicht selbstverständlich, dass unsere Kinder gesund aufwachsen dürfen, gegen Kinderlähmung, Starrkrampf, Gebärmutterhalskrebs, Hepatitis oder Tollwut geimpft werden. Auch nicht, dass sie die Weisheitszähne entfernt bekommen können (niemand mag das - aber auch diese Tortur sollte Grund zur Dankbarkeit sein!), dass sie nebst einfachem Schreiben und Lesen alle Sprachen der Welt erlernen, reisen können, dass sie ab Jugendalter alleine leben können, saubere Kleidung haben... In Supermärkte einkaufen gehen, duschen und heisse Bäder zu nehmen, Wellnessweekends zu buchen, Ferien zu buchen, im Bikini sich zu sonnen, bei Krankheit gepflegt zu werden, Medikamente zu haben... Für jedes Haar, welches an der Falschen Stelle spriesst, haben wir Mittel, jede Hautunreinheit kann entfernt werden, wir können uns jedes Körperteil verlasern, operieren, verändern lassen...
Chhewang: "als ich in Deutschland arbeitete, da habe ich nur gestaunt. Ist es bei euch in der Schweiz auch üblich, dass die Absolventen nach Schulabschluss ein Jahr frei nehmen können um zu arbeiten und zu reisen? Ich kann das gar nicht glauben!! Einfach eine Arbeit finden und Geld verdienen zu können! Das ist hier undenkbar - fast alle müssen den Eltern helfen oder werden irgendwo zugeteilt zu sehr schlechten Bedingungen! Gleich mit dem Studium zu beginnen ist unmöglich, und wenn, dann nur an der Universität welche in Pokhara liegt. Doch da müssen dann viele abbrechen weil die Zeit nicht reicht. Ich habe auch gestaunt dass man einfach auswählen kann was man studieren will und dass die Kinder in der Primarschule das ganze Jahr über an die gleiche Schule gehen können! Im Mustang müssen die Kinder über den Winter nach Pokhara odet Kathmandu ziehen da sonst nirgends Schule stattfinden kann. Englisch lernen sie nur schriftlich, beim Reden endet es dann meistens und sie verlernen es schnell wieder..." (dann erzählte ich ihm von meinem Russisch-, Spanisch- und Lateinunterricht) "sogar so viele Sprachen!! Woher habt ihr denn all diese Lehrer? Der Staat muss sehr reich sein, um sie alle bezahlen zu können! Müsst ihr für die Uni bezahlen?... das ist nicht viel oder? Aber ihr bezahlt ja auch Steuern. Und ihr habt die Rente oder?... In der Schweiz also die AHV? Seit Nepal 2015 die neue Verfassung hat, wird es durch eine parlamentarische Mehrparteien-Demokratie regiert und endlich wurde die konst. Monarchie abgeschafft. Wir hoffen sehr, dass die neue Verfassung uns schneller weiterbringt als zuvor." Wie denn das jährliche Einkommen ca aussehe?
"Oh nur etwa 700$ im Jahr pro Kopf. Das ist für euch Schweizer wahrscheinlich nichts!" Ich schäme mich fast für meinen Reichtum an dieser Stelle. Ich, als Studentin, verdiene monatlich fast so viel neben meinem Studium! In Kathmandu lebt nur ein Zehntel der 30,4 Millionen Menschen Nepals. Der grösste Teil lebt also im Terai, den Tälern und nicht wenige in den hohen Gebirgsregionen - ob diese neue Verfassung auch bis dort hin spürbar wird...?
"Fast keine Chance hat man als Nepali, zu reisen oder eine Zeit lange im Ausland zu leben, geschweige denn, zu arbeiten! Man ist ihnen gegenüber viel misstrauischer, skeptischer, es werden von ihnen viel mehr Papiere, Ausweise und Genehmigungen verlangt. Als Schweizer ist es fast kindlich simpel, ein Visum zu bekommen, man füllt einige Papiere aus, legt Pass und Foto bei, schickt es ein und bekommt die Genehmigung zur Einreise ziemlich schnell (so erging es auch mir). Als Nepalese wird man schneller zurückgewiesen, oft ist das Geld für das Visum gar nicht vorhanden, es ist immer genau anzugeben, wozu man sich im Ausland aufhält (die konstante Angst vor Flüchtlingswellen aus dem Osten!). Meine Frau musste also in Nepal bleiben, wärend ich in Deutschland war, in dieser Zeit hat sie alleine unsere Tochter zur Welt gebracht...
Ich wollte sie beide nicht nach Deutschland holen, denn es wäre meiner Frau nicht wohl gewesen - ausserdem hätte sie nichts zu tun gehabt, sie hat keinen Schulabschluss"
Ob Chhewang denn jemals wieder nach Deutschland kommen wolle?
"Neee eher nicht. Meine ganze Familie ist in Nepal - zwar verstreut, aber alle hier. Ausserdem sind meine Eltern sehr krank, ich muss aufpassen. Und meine Tochter wird grösser, ich will bei ihr bleiben. Wenn ich bei "Diamir" Arbeit habe und es schaffe, meinen Master zu machen nebenbei, dann reicht das Geld! Ich kann hier nicht mehr weg - ausserdem bin ich hier glücklich."

Frisches, getrocknetes Yakfleisch! (..wovon ich eine Keule geschenkt bekam; das darf aber niemand wissen - es ist ein Geheimnis zwischen mir und dem Vater des Hauses😉)

 Suman fleissig beim Serviettenfalten ;)

Lokal home made Brandy (rakshi)

Jhong cave nördlich von Lo Manthang


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